Commons & Anreize & Klimaschutz

ELI5 & FAQ Anreizbasierte Commons-Produktion

Die Anreizbasierte Commons-Produktion, auch anreizbasiertes Commoning, ist ein Wirtschaftskonzept, bei dem die gemeinschaftliche Erfüllung von Bedürfnissen im Vordergrund steht. Hier gibt es einfache Erklärungen zum Modell und verwandten Konzepten.

Zum Einstieg: Ein wettbewerbsfähiges linkes Erfolgsmodell gegen den Rechtsruck. Es profitieren fast alle Menschen davon, etwa über niedrigere Preise und langfristig kostenlose Leistungen.

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  • 1. 100% Erneuerbare - Wie eine Wirtschaft auf Basis von 100% Erneuerbarer Energien aufgebaut werden kann, und welche Rolle Commoning dabei spielt.
  • 2. Anreizbasierte Commons - Ein Modell auf Basis von Anreizen und Commoning könnte den Aufbau von neuen klimafreundlichen Projekten beschleunigen.
  • 3. Commons-Grundversorgung - Alternative zum Grundeinkommen auf Commoning-Basis.

Weitere Artikel

Externe Ressourcen

FAQ

Was sind Commons?

Commons sind Ressourcen, die gemeinschaftlich genutzt und verwaltet werden. Es können Produktionsmittel wie Landfläche, Werkzeuge oder Software sein, aber auch Endprodukte, beispielsweise Essen oder Möbel.

Was ist Commons-Produktion oder Commoning?

Bei der Commons-Produktion (auch Peer-Produktion genannt) werden Commons genutzt, um Bedürfnisse von Menschen zu befriedigen. Das kann in Form von Produkten geschehen oder in Form von “Dienstleistungen”. Es werden also gemeinschaftlich verwaltete Ressourcen genutzt, um Produkte herzustellen oder Dienstleistungen zu erbringen.

Welche Beispiele gibt es für Commons-Produktion oder Commoning?

  • Eine gemeinschaftlich verwalteter Gemüsegarten wird von einer Gruppe Menschen genutzt, um für alle Mitglieder der Gruppe Gemüse zu erzeugen.
  • Eine Community verwaltet Werkzeuge, die an die Mitglieder kostenlos ausgeliehen werden.
  • Ein Projekt erarbeitet Freie Software, die von allen Interessierten genutzt werden kann, wenn sie sich an die Lizenzbedingungen halten.
  • Eine Nachbarschaft teilt den Internetzugang, indem sie ihre Router zu einem freien WLAN-Netz zusammenschalten (z.B. Freifunk)

Was ist der Unterschied zwischen den Begriffen Commons-Produktion und Commoning?

Anstelle des Begriffs Commons-Produktion wird von einigen der Begriff Commoning bevorzugt, da bei vielen Aktivitäten nicht klar abzugrenzen ist, was zur “Produktion” gehört und was nicht. Commoning beinhaltet oft nicht nur die Herstellung neuer Güter sondern auch eine Instandhaltung von Ressourcen. Außerdem kann Commoning die Pflege sozialer Beziehungen umfassen. Gute Beispiele sind die Erziehung von Kindern und die Pflege von Kranken, Menschen mit Behinderungen oder Älteren. Würde nur das Notwendige geleistet, bliebe einiges auf der Strecke.

Der Begriff Commoning wurde von David Harvey geprägt.

Was ist CSX?

Die Abkürzung CSX wurde Anfang der 2020er Jahre populär und bezeichnet Projekte, die gemeinschaftlich finanziert und verwaltet werden. Die Idee ist, die Logik der solidarischen Landwirtschaft, die auf Englisch als community supported agriculture, abgekürzt CSA bezeichnet wird, in anderen Bereichen wie Lebensmittelverarbeitung oder Bauwirtschaft anzuwenden.

Somit steht CS für community supported (wörtlich: gemeinschaftlich getragen) und das X weist darauf hin, das die so bezeichneten Projekte in jeder Branche angesiedelt sein können.

CSX und Commoning sind nicht komplett synonym. Eine mögliche Unterscheidung ist: CSX bezieht sich eher auf die Finanzierung und Verwaltung, während bei Commoning auch die Nutzung nach gemeinschaftlich-solidarischen Prinzipien geregelt ist. Wissensressourcen sind in CSX-Projekten nicht notwendigerweise frei der Nutzung zugänglich, während dies in modernem Commoning meist der Fall ist. Somit könnte man CSX als Überbegriff bezeichnen, der Commoning mit umfasst.

Was ist die anreizbasierte Commons-Produktion?

Die anreizbasierte Commons-Produktion ist eine Sonderform der Commons-Produktion.

Bei der traditionellen Commons-Produktion leisten die Teilnehmer an den Gemeinschaften Beiträge aus intrinsischer Motivation. Das heißt, dass sie zur Produktion beitragen, ohne dass individuelle Vorteile im Vordergrund stehen. Mitgemacht wird entweder wegen Interesses an der Tätigkeit selbst oder eines Vorteils, der alle Mitglieder der Gemeinschaft umfasst.

Die anreizbasierte Commons-Produktion setzt auch auf extrinsische Anreize, die Teilnehmern individuelle Vorteile gewähren.

Ein Beispiel: In Nie wieder Knappheit wird vorgeschlagen, denen, die aktiv an Commons-Projekten beteiligt sind oder Geld investiert haben, eine Priorität bei der Verteilung der Erzeugnisse zu gewähren.

Ist die anreizbasierte Commons-Produktion nicht dasselbe wie die Marktwirtschaft?

Prinzipien wie der Markt und der Wettbewerb bestehen zwar weiter, sind aber weit weniger wichtig als in der kapitalistischen Marktwirtschaft.

Die beiden größten Unterschiede sind die Zielsetzung und die Offenheit und Zusammenarbeit der Projekte sowie die gemeinschaftliche Verwaltung.

  • Im anreizbasierten Commoning ist das Ziel direkt die Befriedigung von Bedürfnissen. In der Marktwirtschaft ist das Ziel der Gewinn oder Profit des Betriebs, die Befriedigung von Bedürfnissen ist nur indirekt ein Zwischenziel zur Maximierung des Gewinns.
  • Die Projekte kooperieren miteinander: sie teilen Technologien und Ressourcen, und können sich gegenseitig auch beim Aufbau und der Finanzierung von Infrastruktur unterstützen. Da es nicht notwendig ist, Gewinn zu erzielen, ist kein harter Verdrängungswettbewerb notwendig.
  • Die Betriebe und andere Ressourcen werden gemeinschaftlich und in der Regel basisdemokratisch verwaltet, statt einer starren Hierarchie zu gehorchen. Die Struktur entspricht in vielen Fällen der eines Vereins.

In der Marktwirtschaft kontrolliert ein Unternehmen, also eine hierarchisch organisierte, reduzierte Gruppe von Personen, das Wissen und die Infrastruktur, um Produkte zu erstellen. Bei der anreizbasierten Commons-Produktion ist das Wissen frei zugänglich und die Infrastruktur wird schrittweise ausgebaut, um ebenfalls allgemein zugänglich zu sein.

Auch können Projekte sich einfach voneinander abspalten, um verschiedene Herangehensweisen auszuprobieren. Ist jemand beispielsweise nicht mehr mit der Richtung einverstanden, in die sich ein Projekt bewegt, kann diese Person ein neues Projekt gründen und trotzdem auf die Wissensressourcen sowie, soweit möglich und verfügbar, sogar auf die bestehende Infrastruktur zugreifen.

Die anreizbasierte Commons-Produktion kommt theoretisch ohne Geld aus. Im Endstadium einer Transformation hin zu einer vollständigen Commons-Wirtschaft würden keine Investitionen in Geldform mehr nötig sein. Priorität für die Erzeugnisse bekämen trotzdem die, die aktiv am Projekt mitarbeiten.

Könnte man ein Commons-Projekt als eine Art Unternehmen begreifen?

Zwar stellt ein Commons-Projekt ebenfalls Produkte und Dienstleistungen bereit. Doch die Struktur ähnelt eher der von Vereinen, maximal Genossenschaften. Die Zielsetzung ist kein abstrakter Gewinn, sondern die direkte Befriedigung von Bedürfnissen.

Was ist ein Null-Grenzkosten-Betrieb oder Freier Betrieb?

Der Freie Betrieb oder Null-Grenzkosten-Betrieb ist ein Konzept, das für die Transformation hin zu einer Commons-Gesellschaft fundamental sein dürfte. Es ist ein Produktionsbetrieb, der folgende Bedingungen erfüllt:

  • Die wichtigsten Produktionsprozesses sind automatisiert, zumindest soweit, dass keine Lohnarbeit für den Betrieb notwendig ist.
  • Die Energie wird durch erneuerbare Quellen erzeugt, die dem Betrieb gehören, die variablen Kosten für Energie sind also vernachlässigbar (nur Wartungskosten fallen an).
  • Alle nicht automatisierten Aufgaben können durch rein freiwillige Leistungen der Projektteilnehmenden übernommen werden.

Damit entstehen keine oder nahezu keine Grenzkosten bei der Produktion. Eine zusätzliche Einheit des Erzeugnisses verursacht also nur zu vernachlässigende Kosten. Dies führt dazu, dass kein Einnahmezwang für die Betriebe entsteht.

Materialien und Vorprodukte werden in diesem Modell nicht vom Betrieb, sondern von den Konsumierenden erworben oder bereitgestellt. Diese sind also noch nicht in die Null-Grenzkosten-Gleichung einbegriffen.

Welche Beispiele gibt es für einen Null-Grenzkosten-Betrieb?

Null-Grenzkosten-Betriebe hören sich erst einmal utopisch an. Es gibt aber einfache Beispiele, die schon heute einfach vorstellbar sind:

  • Ein 3D-Drucker, der durch ein Solarpanel angetrieben wird und in einem Makerspace jeder interessierten Person zur Verfügung steht.
  • Ein automatisiertes Hydroponiksystem zum Anbau von Gemüse.
  • Der Liberator von Open Source Ecology, der Baumaterial aus komprimierter Erde herstellt, verbunden mit einer Solar- oder Windkraftanlage.

Wie können Kreislaufwirtschaften mit dem anreizbasierten Commoning kombiniert werden?

Die Idealvorstellung für ein Ziel der Transformation hin zum Commoning ist eine Produktionsstruktur, die nahezu vollständig auf Stoffkreisläufen basiert: Alle stofflichen Ressourcen sind entweder erneuerbar, nachwachsend oder in Fülle in der Erdkruste vorhanden (wie etwa Silicium), oder sie werden durch Recycling und Upcycling gewonnen. Lohnarbeit ist nicht mehr nötig, da alle Betriebe auf dem Null-Grenzkosten-Prinzip basieren.

In diesem Szenario zirkulieren die Ressourcen zwischen den Projekten. Zwar werden einige davon von Menschen konsumiert (wie Lebensmittel), doch basieren diese auf nachwachsenden Stoffen. Auch die Maschinen und andere Produktionsmittel werden in diese Kreisläufe einbezogen: Sie werden von Commons-Projekten auf Basis erneuerbarer Energien und in Fülle vorhandener Ressourcen hergestellt.

Dies ermöglicht es, letztendlich ganz ohne Geld auszukommen. In einigen Produktionsprozessen ist diese Vision schon heute vorstellbar, etwa in der Produktion von Gemüse oder Baumaterial.

Noch sind für viele Produktionsprozesse vergleichsweise knappe Ressourcen wie etwa Seltene Erden erforderlich. Solche Ressourcen sollen soweit möglich ersetzt werden. Da dies nicht immer möglich sein wird, soll ihre Förderung langfristig ebenfalls auf Commons-Basis organisiert werden.