Ein wettbewerbsfähiges linkes Erfolgsmodell gegen den Rechtsruck?
Auf den ersten Blick werden die 2020er Jahre weltweit von einem Rechtsruck geprägt. Noch schlimmer: Es scheint an neuen Ideen für inklusive, sozial gerechte Gesellschaften zu mangeln. Viele linke Bewegungen halten an den gleichen Rezepten wie vor Jahrzehnten fest: mehr Staat, höhere Steuern, stärkere Regulierung der Wirtschaft. Der aktuelle Zeitgeist scheint diese Ideen jedoch nicht zu schätzen. Im besten Fall werden schrittweise, langsame Verbesserungen erzielt, wie durch die Mitte-Links-Regierungen in Brasilien oder Mexiko, aber nichts, was die Menschen wirklich begeistert. Dagegen scheint die wirtschaftsliberale „Kettensäge”, die im von Javier Milei regierten Argentinien zum Einsatz kommt, weltweit immer mehr Sympathien zu ernten.
Hat also die Rechte gewonnen?
Zumindest kann sagen, dass ein neues durchschlagendes Erfolgsmodell der Linken – oder, um den Begriff „links” zu vermeiden, allen, die für eine sozial gerechtere Gesellschaft sind – gut tun würde.
Eine vielleicht völlig verrückte Idee: Könnte es ein linkes Modell geben, das wettbewerbsfähig ist und so viele Vorteile für den Großteil der Bevölkerung mit sich bringen würde, dass die Kapitalisten es nicht aufhalten könnten? Es scheint aus heutiger Sicht unmöglich, aber … wir sollten diese Utopie (?) etwas erkunden.
Könnten Marktkräfte zum langfristigen Klimaschutz beitragen?
In diesem Blog wurde folgende These aufgestellt: Ab dem Punkt, an dem ein Land die Klimaneutralität erreicht, könnte eine Zeit des Wohlstandes und des qualitativen Wachstums eintreten, das hier als Goldenes Zeitalter bezeichnet wird. Denn: Wenn die Umstellung auf CO2-neutrales Wirtschaften gelingt, kann der gesamte technische Fortschritt in die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen fließen.
Wäre diese These wahr, und dafür spricht einiges, könnte man auf den folgenden Gedanken kommen: Könnten wir nicht schon heute in das goldene Zeitalter investieren? Womöglich könnten wir schon heute von der Zukunft profitieren und einen Gewinn ins heutige Zeitalter transferieren. Die Logik wäre ähnlich wie im kapitalistischen Finanzwesen bei Wachstumsaktien: Selbst wenn ein Unternehmen direkt nach einem Börsengang noch nicht profitabel ist, können Investierende schon früh über Kursgewinne Einnahmen verzeichnen.
In diesem Fall könnte der Markt letztendlich den Klimaschutz selbst hervorbringen: Wenn solche post-Carbon-Zero Investments erfolgreich sind, könnten sie viele Menschen zum Mitmachen verleiten und somit viel Geld für nötige Investitionen in die klimafreundliche Transformation frei machen. Der Klimaschutz würde dann unabhängig von politischen Entscheidungen. Gerade in Zeiten, in denen beispielsweise in Europa, den USA und anderswo das rechte politische Spektrum Erfolge feiert, das in Klimafragen den Kopf in den Sand steckt und auf einer Fortsetzung des fossilen Zeitalters beharrt, wäre dies eine sehr attraktive Option. Kein Kulturkampf mehr, stattdessen Win-Win mit Gewinn für alle mit dem richtigen Händchen?
Um schon etwas vorzugreifen: Wahrscheinlich ist ein solches Szenario möglich, doch etwas anders und weniger kapitalistisch, als es heute im Bereich der grünen Investments angepriesen wird.
9 Gründe, warum Commoning oft klimafreundlich und nachhaltig ist
In den bisherigen Texten wurde es oft angerissen: Eine Gesellschaft, die verstärkt auf Commoning setzt, könnte schneller zur Klimaneutralität führen als die herkömmliche Marktwirtschaft.
Aber warum? Hier werden einige Punkte aufgelistet, die für eine nachhaltige Tendenz des Commonings zu umwelt- und klimafreundliches Wirtschaften sprechen. Einige dieser Gründe können außerdem dazu beitragen, den Ressourcen- und Arbeitsbedarf zu senken und somit die Organisation der Projekte zu vereinfachen.
1. Weniger Energieverbrauch durch Konzentration auf Kernbereiche
Commoning-Produktion kann auf Teile der Wertschöpfungskette typischer marktwirtschaftlicher Unternehmen verzichten. Das führt bei gleicher Effizienz zu geringerem Energieverbrauch.
Commoning-Projekte können sich weitgehend auf den Kernbereich ihrer Tätigkeiten beschränken: die Produktion eines Gutes oder die Erbringung bestimmter Dienstleistungen. Bereiche, die dagegen nahezu wegfallen, sind Werbung, Marketing und Public Relations. Der Grund: Da Projekte miteinander kooperieren und ihr Ziel die Bedürfnisbefriedigung ist, ist es nicht mehr nötig, sich etwa über Markenbotschaften von “der Konkurrenz” abzusetzen. Die Kommunikation mit der Außenwelt kann sich daher auf simpelste Mittel beschränken, teure Werbefilmproduktionen oder der Druck von Prospekten und Flyern entfallen.
Die Freie Grundversorgung: Klimafreundliche Alternative zum Grundeinkommen
Kann Commoning die Armut nachhaltig bekämpfen helfen? Wir stellen eine klimafreundliche Alternative zum häufig diskutierten Grundeinkommen vor und wagen einen Ausblick, wie eine solche Leistung finanziert und organisiert werden könnte.
Das bedingungslose Grundeinkommen wird besonders in linken, aber auch in liberalen Kreisen immer wieder als Lösung für das Problem der Armut diskutiert. In Zeiten, in denen einige Jobs möglicherweise durch KI ersetzt werden könnten, könnte laut dieser Argumentation eine solche staatliche Leistung vielen Menschen vielleicht die Sorgen vor der Zukunft nehmen.
Doch ist das Konzept nicht unumstritten. So stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit. Und nicht nur Boulevardmedien fragen sich: Ist es fair, wenn einige Menschen weiterhin hart arbeiten und andere sich einen faulen Lenz machen? Schon bei in europäischen Sozialstaaten gängigen Leistungen wie dem deutschen Bürgergeld kommen regelmäßig ähnliche Diskussionen auf. Auch wenn oft ignoriert wird, dass von ihnen auch Arbeitende profitieren, weil es ihre Verhandlungsmacht stärkt. Dennoch: Das Konzept steht und fällt mit der Bereitschaft der Mehrheitsbevölkerung, es über Steuern zu finanzieren.
Anreizbasiertes Commoning: Die Marktwirtschaft auskooperieren
Ein Wandel hin zu einer gemeinschaftlichen Produktionsweise könnte den Fortschritt hin zur Klimaneutralität beschleunigen. Wie könnte das heute auf Nischen beschränkte Commons-basierte Modell sich durchsetzen? Vielleicht sind zwei ganz traditionelle Werte die Schlüsselbegriffe: Versorgungssicherheit und eine nachhaltige Altersvorsorge.
Der Begriff Commoning beschreibt die gemeinschaftliche Selbstverwaltung, Pflege und Nutzung von Ressourcen. Kurz gesagt: Eine Gruppe Menschen schließt sich zusammen, meist um gemeinsam eigene Bedürfnisse zu erfüllen. Werden dabei Güter hergestellt, so werden diese in der Regel nicht verkauft: Sobald die notwendigen Ressourcen bereitgestellt oder mögliche Kosten finanziert wurden, wird die Produktion aufgenommen und später die Erzeugnisse an die Mitglieder der Gruppe verteilt.
Es handelt sich um eine alte Praktik. So sind im europäischen Raum Allmendeweiden verbreitet, auch Fischgründe werden seit Urzeiten selbstorganisiert verwaltet. Gehen dabei die Gruppen und Projekte intelligent vor, kann die Tragik der Allmende durch klare Regeln für die Nutzenden verhindert werden, wie die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom in ihren Untersuchungen ab den 1980er Jahren belegen konnte. Es kommt also oftmals nicht zu einer Übernutzung der Ressourcen.
In neuerer Zeit hat sich eine modernere Form des Commoning herausgebildet. Dabei wird Wissen aller Art oft über das Internet geteilt und gemeinschaftlich gepflegt, was in Anlehnung an die Peer-Review-Kultur in den Wissenschaften auch als Wissenskommunismus bezeichnet wird. Bei diesen digitalen Commons kann es sich um Software, wie bei Open-Source-Anwendungen wie dem Smartphone-Betriebssystem Android, Medien wie etwa der Enzyklopädie Wikipedia oder auch Anleitungen aller Art handeln.
Auch hier gibt es mit den Freien Lizenzen klare Regeln, was die Nutzenden dürfen und was nicht. Meist ist die Nutzung zur Befriedigung eigener Bedürfnisse nicht eingeschränkt, Open-Source-Software darf also etwa zu jedem privaten oder gewerblichen Zweck verwendet werden. Etwas strenger sind die Regeln für die Weiterentwicklung. Ein wichtiges Prinzip ist das Copyleft, das etwa in der General Public License, einer beliebten Softwarelizenz, zum Ausdruck kommt: Wer eine Wissensressource weiterentwickelt, soll seine Änderungen ebenfalls unter eine freie Lizenz stellen und sie mit jeder interessierten Person teilen. So wird sichergestellt, dass niemand sich gemeinschaftlich bereitgestellte Ressourcen einfach aneignet, sondern die ganze Open-Source-Gemeinschaft von Verbesserungen profitiert.